Weiter gegen Rassismus – wider der Repression!

Wer sich in Duisburg gegen Rassismus engagiert, wird von Polizei und Justiz traditionell mit Repressionen belohnt. Wir wollen auf einige aktuelle Fälle aufmerksam machen und verdeutlichen, dass uns das trotzdem nicht von antirassistischen Interventionen abhalten wird!

Fall 1: Der Nazi und sein kleiner Dienstweg
Am 13. September 2016 fand im Duisburger Amtsgericht ein Verfahren gegen einen Antifaschisten statt. Der Vorwurf: Er soll Steine in einem Baumarkt gekauft haben, um damit die Pegida-Demonstration bzw. die Polizei anzugreifen. Die Staatsanwaltschaft stützte ihre Anklage auf die Hinweise eines Neonazis aus Duisburg-Neumühl, der selbst an den Pegida-Demos teilgenommen hat und zudem Kontakte ins Hooliganmillieu hat. Besagter ‚Zeuge‘ benachrichtigte über Facebook eine ehemalige Klassenkameradin, die bei der Polizei in Wesel arbeitet auf „kleinem Dienstweg“, wie es in der Verhandlung hieß. Im Gerichtssaal wiederholte Dunja T. die ihr zugetragenen Vorwürfe, der Angeklagte habe „Menschen und Polizisten“ (was auch immer das heißen soll…) verletzen wollen. Im Laufe des Prozesses wurde deutlich, dass der ‚Zeuge‘ Bernd O. nicht nur „rechts angehaucht“ ist, wie es Dunja T. ausdrückte, sondern mit seinem Gedankengut tief im neonazistischen Milieu verwurzelt ist. So ist es auch kein Wunder, dass zum Prozess etwa ein Dutzend Neonazis aus dem NPD, NWDU, und Hooligan-Spektrum auftauchte. Diese zeigten u.a. mit Reichsadler-T-Shirts, Schwarze-Sonne-Tattoos, „I love NS“-Jutebeutel ganz offen ihre Gesinnung. Dank erfolgreicher Mobilisierung konnten Unterstützer*innen des Angeklagten fast alle Plätze im Gerichtssaal besetzen, so dass den meisten Nazis nichts anderes übrig blieb als schmollend vor dem Saal zu warten. Für Staatsanwalt und Richterin war es damit umso einfacher ihre Scheuklappen beizubehalten und die politische Tragweite des Prozesses auszublenden. Nachdem der Prozess zunächst vertagt wurde, weil ein als Zeuge geladener Polizeibeamter nicht erschien, meldete sich der Staatsanwalt mit dem Angebot das Verfahren einzustellen. Offenbar war ihm klar geworden, dass eine Verurteilung aus Mangel an Beweisen und angesichts der politischen Motivation des ‚Zeugen‘ Bernd O. nicht zu rechtfertigen gewesen wäre. Was den Repressionsbehörden aus den 596 Tagen zwielichtiger Ermittlungen geblieben ist, sind die zwei beschlagnahmten Megaphone, frei nach dem Motto: Wenn schon keine Verurteilung, dann finanzielle Schädigung.

Fall 2: Mit Knüppeln und Pfefferspray in die Shisha-Bar
Am 4. April 2016 hielt sich eine Gruppe Antifaschist*innen in einer Shisha-Lounge auf, um ihren Protest gegen den verharmlosend als Spaziergang bezeichneten rassistischen Pegida-Marsch in naher Hör- und Sichtweite der Rassist*innen zu äußern. Beim Versuch das Lokal zu verlassen, wurde die Gruppe brutal von einer immer wieder übel auffallenen Duisburger Einsatzhundertschaft angegriffen. Der Versuch des friedlichen Protests wurde durch Schlagstockeinsatz, Faustschläge und Pfeffersprayeinsatz verhindert. Als die Polizei die Lage schon unter Kontrolle hatte und Menschen sich in die Shisha-Lounge zurück zogen, erfolgte ein weiterer Pfeffersprayangriff. Selbst am Boden liegenden Menschen wurde Pfefferspray aus kürzester Entfernung gezielt in die Augen gesprüht. Menschen, die den Verletzten helfen wollten, wurden mit Fäusten und Knüppeln geschlagen. Vier Menschen, die es bis auf die Straße geschafft hatten, wurden ebenfalls angegriffen und einer auf der Straße sitzenden jungen Frau wurde mit dem Schlagstock ins Gesicht geschlagen. Nachdem sich alle mutmaßlichen Blockierer_innen in das Gebäude zurückgezogen hatten, wurde dann noch Pfefferspray in die Shisha Lounge gesprüht und die Tür geschlossen. In dem Lokal hielten sich auch unbeteiligte Personen auf. Es gab keinen weiteren Ausgang, mehrere Menschen waren verletzt und forderten Hilfe. Dies wurde von der Polizei nicht nur ignoriert, sondern sogar mit höhnischem Lachen quittiert. Mehr als eine Stunde wurden die Verletzten in der mit Pfefferspray gefüllten Luft in dem Lokal eingesperrt, jegliche Hilfe wurde – auch allen Unbeteiligten, eine Angestellte hatte eine Panikattacke – über eine Stunde verweigert. Anschließend wurden die Personalien der Menschen aufgenommen, die friedlich protestieren wollten. Neun Personen mussten mit zur Polizeiwache und wurden dort teilweise bis in die frühen Morgenstunden festgehalten. Sie erhielten Anzeigen wegen Widerstand und (schwerem) Landfriedensbruch, einige auch wegen Körperverletzung und Beleidigung.
Dies sind typische Repressions-Anzeigen um Menschen einzuschüchtern, weitere Proteste zu unterbinden, und von eigenen Straftaten (unverhältnismäßige Gewalt, illegaler Schlagstockeinsatz, unterlassene Hilfeleistung, Missachtung eines Grundrechts, Freiheitsberaubung) abzulenken bzw. diese zu legitimieren.

Fall 3: „Bloße Vermutungen“ 2.0
Am 26. September 2016 findet ein weiterer Verhandlungstag in einem Prozess gegen einen 45 und einen 61 jährigen Duisburger Antifaschisten statt. Diesen wird vorgeworfen im August 2013 nach einer Bürgerversammlung in Rheinhausen Rassist*innen, die gegen die damaligen Bewohner*innen des Hauses In den Peschen hetzten, angegriffen zu haben. Selbst die WAZ berichtet von einer dünnen Beweislage und sich wiedersprechenden Angaben der Zeug*innen: „Mal sollen die Angreifer jung, dann altersmäßig bunt gemischt gewesen sein, mal trugen sie Masken oder Sturmhauben, dann wieder nicht.“ Das Verfahren wurde vor drei Jahren eingestellt und nun aus unbekannten Gründen neu aufgerollt. Schon damals hatten sich die Ermittlungsbehörden nicht gerade mit Ruhm bekleckert: Sie stürmten überfallartig das Gebäude In den Peschen, beleidigten dabei die eingeschüchterten Bewohner*innen und nahmen zwei der völlig unbeteiligten Bewohner*innen in U-Haft. Bei den „Ermittlungen“ gegen Linke musste u.a. jemand, der sich zum damaligen Zeitpunkt von einer Leukämie-Erkrankung erholte und körperlich nicht in der Lage gewesen wäre sich an einer Schlägerei zu beteiligen, dennoch eine erkennungsdienstliche Behandlung über sich ergehen lassen. Durch eine Funkzellenabfrage gerieten noch viele weitere Menschen, die sich zufällig in der Nähe aufhielten, in Verdacht. Das Landgericht hatte 2013 noch einen Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts aufgehoben, da „bloße Vermutungen“, wie das LG sie zutreffend nennt, nicht ausreichen um das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung zu übergehen. Das wollte die Staatsanwaltschaft wohl nicht auf sich sitzen lassen und versucht nun mit äußerst dünner Beweislage doch noch eine Verurteilung zu erwirken.

Unsere Solidarität gegen ihre Repression!
Diese drei Fälle zeigen exemplarisch wie mit falschen Vorwürfen und zwielichtigen Ermittlungsmethoden versucht wird das Engagement von Antifaschist*innen zu diskreditieren und diese zur Aufgabe ihrer Aktivität zu bewegen. In unseren Strukturen steht niemand allein, egal ob bei Naziangriffen oder politischen Prozessen! Unsere Solidarität ist unsere stärkste Waffe gegen ihre Repression und sie gilt allen, die aufgrund ihres Eintretens gegen Rassismus und Ausgrenzung schikaniert, bedroht oder eingesperrt werden!
Für den *26.09 rufen wir zur solidarischen Prozessbeobachtung auf. Kommt um 13:30 zum Amtsgericht (wegen längerer Vorkontrollen wollen wir eine Stunde bevor der Prozess um 14:30 beginnt da sein). Wie der erste Fall gezeigt hat, ist die Prozessbegleitung ein unerlässlicher Schritt antifaschistischer Solidaritätsarbeit. Außerdem wollen wir allen, die sich auf irgendeine Art und Weise linkspolitisch engagieren, ans Herz legen Mitglied in der Roten Hilfe zu werden.
Unsere Solidarität gegen ihre Repression! Weitermachen gegen Rassismus!

http://www.rote-hilfe.de/