Unsere Rede bei der Fastnachttanzdemo für Freiräume und Recht auf Stadt

Am 25. Februar 2017 fand in Duisburg eine von der Freiraumkampagne DU it yourself und der Initiative Seid Nachbarn // Be Neighbours organisierte Fastnachttanzdemo für Freiräume und Recht auf Stadt statt (mehr Infos dazu). Dort haben wir folgende Rede gehalten:

Liebe Freund*innen, Genoss*innen, Nachbar*innen, liebe Mitstreiter*innen für einen soziokulturellen Freiraum in Duisburg,

wir brauchen uns nichts vorzumachen, die Gesamtsituation sieht zurzeit recht düster aus. Wir befinden uns mitten in einem politischen und gesellschaftlichen Rechtsruck. Rassistische Hetze ist allgegenwärtig und die Grenzen des Sagbaren verschieben sich im politischen Diskurs immer weiter nach rechts und legitimieren dadurch eine Politik, die einer menschenverachtenden Logik folgt.

Diese ökonomische Verwertungslogik bestimmt die Sozial- und Kulturpolitik und dringt in jeden Bereich unseres Lebens vor. Dieser Trend macht natürlich auch vor der Stadtpolitik nicht halt.

Nur Menschen oder Projekte, die sich ökonomisch verwerten lassen sind erwünscht und werden gefördert. Alles was den kapitalistischen Normalbetrieb stört wird abgeschoben, verdrängt und kriminalisiert. Auch zu erleben, hier in Duisburg.
Alte Platanen werden trotz Protesten gefällt, um das Bahnhofsareal für private Investorinnen und Investoren aufzuwerten.
Ein Alkoholverbot in der Innenstadt soll unliebsame Menschen, die den unbeschwerten Konsum durch den Anblick ihrer Armut stören, vertreiben.
Aus einer schlecht versteckten rassistischen Motivation heraus werden sogenannte “Problemhäuser” geräumt und die Bewohner*innen auf die Straße oder gleich in den nächsten Zug nach Rumänien gesetzt.
UND immer noch hetzt PegidaNRW regelmäßig gegen die Schwächsten der Gesellschaft.

Investiert wird nicht etwa in marode Straßen oder gar eine würdige Unterbringung geflüchteter Menschen, sondern in “Deutschlands größtes Edel-Designer-Outlet-Center” im “Village-Stil” und ähnliche absurde Leuchtturmprojekte einer kapitalistischen Stadtgestaltung.

Eine Anfrage nach einer unkommerziellen Zwischennutzung der Alten Feuerwache wird lapidar abgetan mit den Worten: “die Kosten würden den Nutzen übersteigen”.
DIE KOSTEN WÜRDEN DEN NUTZEN ÜBERSTEIGEN

Genau hier wollen wir entschieden widersprechen: der Nutzen eines soziokulturellen Zentrums, der Nutzen eines Freiraumes ist enorm – aber er lässt sich nicht in einem Geldwert ausdrücken.

In Freiräumen können die Visionen politischer, sozialer und subkultureller Bewegungen zeitlich und räumlich begrenzt erprobt und vorweggenommen werden. Um solch ein soziales und kulturelles Experimentierfeld zu etablieren, müssen sich die einzelnen Individuen, also alle Menschen in diesem Freiraum, so frei wie möglich fühlen. Freiräume müssen also immer auch Schutzräume sein!

Das heißt, Freiraum bedeutet eben nicht, sie allen frei zugänglich zu machen, sondern einen Raum zu erschaffen, der frei ist von Bedrohung, Druck und Zwang. Frei also von kapitalistischen Sachzwängen aber auch von anderen gesellschaftlichen Unterdrückungsmechanismen wie Sexismus, Rassismus, Homophobie und Antisemitismus.

In Freiräumen erproben wir unsere emanzipatorischen Visionen, wir experimentieren mit besseren Formen des Zusammenlebens und basteln gemeinsam an einer anderen Welt, in der viele Welten Platz haben.

Denn nicht überall, wo “frei” draufsteht, ist auch “frei” drin. Aber damit Freiräume funktionieren, als Labore einer besseren Gesellschaft und des schönen Lebens, dafür müssen sie bewusst politisch sein! Unpolitisch geht nicht, denn die Frage, wie wir gemeinsam leben, lieben, arbeiten, uns organisieren, feiern und träumen wollen ist immer eine politische Frage.

Deshalb lasst uns zusammen einen Raum schaffen, der so frei von Unterdrückungsmechanismen ist, wie es uns irgend möglich ist. Einen Raum, frei von Herrschaft und Hierarchie, frei von ökonomischem Zwang, frei von Konkurrenz und Ellbogenmentalität, frei von Rassismus, frei von Sexismus, frei von Angst und frei von Hass.

Her mit dem schönen Leben – her mit dem soziokulturellen Zentrum – her mit der Alten Feuerwache!

Transparent an der Feuerwache

Transparent an der Landfermannstraße

Die Demo an der Feuerwache