Am 8. Mai 1945 erklärte die deutsche Wehrmacht gegenüber den siegreichen Allierten und der Sowjetunion die bedingungslose Kapitulation. Mit dem 8. Mai beendeten die Alliierten den deutschen Vernichtungskrieg, die industrielle Vernichtung von Jüdinnen und Juden in der Shoah und all die anderen Grausamkeiten der Deutschen gegen diejenigen, die nicht in die nationalsozialistische Volksgemeinschaft gehören sollten oder wollten. Der 8. Mai als Ende dieser Grausamkeiten sollte somit nach wie vor ein Tag der Freude sein.
Zwar beendete der 8.Mai die staatlich manifestierte Herrschaft des Nationalsozialismus – keineswegs verschwand mit ihm jedoch die nationalsozialistische Ideologie von einem Tag auf den anderen. Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Nationalismus und völkisches Denken existierten weiter und existieren fort bis heute. In Politik, Justiz und Verwaltung blieben die alten Nationalsozialist*innen nach dem Krieg oft in ihren Ämtern. Nur die wenigstens Täter*innen des Nationalsozialismus wurden für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen. Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Nationalismus und völkisches Denken existierten weiter und existieren fort bis heute – und gewinnen in letzter Zeit wieder zunehmend an Verbreitung.
Deshalb müssen wir uns entschieden gegen geschichtsrevisionistische Denkweisen und Argumentationsmuster einsetzen, welche die Geschichte umdeuten wollen. Gefährlich sind die Stimmen, die von ‚Schuldkult‘ sprechen, eine „180 Grad Wende der Erinnerungskultur“ oder eine positive Neubesetzung faschistischer Vokabeln fordern, die sich auf völkische Blut-und-Boden Ideologie stützen, indem sie vor einem ‚Volkstod‘ und vor einem ‚Bevölkerungsaustausch‘ warnen. Und absolut zynisch und menschenverachtend werden sie, wenn sie sich selbst mit den Verfolgten des Naziregimes gleichsetzen, da ihnen öffentlich und entschieden widersprochen wird.
Dennoch wollen wir betonen, dass solche Gruppierungen nicht gleichzusetzen sind mit dem, was unter Hitler geschah. Die historische Einzigartigkeit der Brutalität und Grausamkeit mit der die menschenverachtende Ideologie durchgesetzt wurde, muss als Einzigartigkeit gekennzeichnet bleiben. Auch wenn ähnliche Denkmuster bis heute fortbestehen, fordert das Ausmaß der Opfer des Nazi-Regimes einen besonderen Platz in unserem Gedenken. Wir müssen aufpassen, dass Auschwitz sich nicht wiederhole und nirgendwo etwas ähnliches geschehe, ohne dabei gegenwärtige faschistische Tendenzen mit den vergangenen gleichzusetzen
Der 8. Mai ist der Tag der Befreiung. Es wurden allerdings nicht die Mehrheit der Deutschen von einer unverschuldeten Diktatur und Terrorherrschaft befreit, wie es gerade auch von Geschichtsrevisionist*innen gerne propagiert wird. Der Nationalsozialismus war kein gegen “das Volk” durchgesetztes Terrorregime. Ein Großteil der Deutschen reihte sich bereitwillig und aktiv in die Volksgemeinschaft ein, denunzierte alle die nicht in den “Völkskörper” passten und verteidigte bis zuletzt Staat, Nation, Volk und Kapital auf dem Schlachtfeld.
Die Deutung des 8. Mai als Befreiung der Deutschen vom nationalsozialistischen Staat macht Täter*innen zu Opfern und somit diejenigen zu Befreiten von denen eigentlich befreit werden musste. Der 8. Mai war die Befreiung vom faschistischen Regime und seiner Volksgemeinschaft. Befreit wurden all die Menschen, die verfolgt wurden und Widerstand geleistet hatten. Der 8. Mai ist für sie die Befreiung von den “stolzen Deutschen”, den Nationalist*innen und den “besorgten Bürger*innen” jener Zeit.
Den 8. Mai zu feiern muss auch immer den Dank an diejenigen einschließen, die konsequent gegen den Nationalsozialismus gearbeitet haben und mit ihrem Einsatz den 8. Mai und die Befreiung erst möglich gemacht haben. Das schließt sowohl die Streitkräfte der Anti-Hitler-Koalition, als auch die Partisan*innen, Kommunist*innen, Gewerkschaftler*innen und andere Widerstandskämpfer*innen ein.
Der 8. Mai ist und bleibt Tag der Befreiung, soll gefeiert werden und muss gegen jede geschichtsrevisionistische Vereinnahmung verteidigt werden.
Wir laden Sie deshalb ein, mit uns einige Orte hier in Duisburg zu besuchen, an denen der Geschichte des Nationalsozialismus und des Widerstands gedacht wird. Nachdem wir letztes Jahr in der Innenstadt unterwegs waren, werden wir diesmal einen Rundgang durch Ruhrort machen. Wir treffen uns um 18 Uhr am Osteingang des Hauptbahnhofs Duisburg und fahren dann gemeinsam mit der Straßenbahn nach Ruhrort.